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Verein für Wachtelhunde steht vor einer Zerreißprobe


Stimmen die Unterlagen, die Hund & Jagd vorliegen, dann wurde im Verein für Deutsche Wachtelhunde (VDW) seit 2003 bewusst mit Hunden gezüchtet, die zuchtausschließende Merkmale weitergeben könnten.

Offenbar wurden Kenntnisse über erkrankte Hunde bewusst, also vorsätzlich, verschwiegen.

Der zweite Voritzende des VDW, Wolfgang Rüdiger, informierte im März per Email den Vorstand sowie die Landesgruppenvorsitzenden und -zuchtwarte über einen handfesten Skandal. An der TiHo Hannover waren 147 Wachtelhunde auf Skeletterkrankungen untersucht worden. Bei annähernd 30 Prozent dieser Hunde seien vererbbare Krankheiten des Skeletts diagnostiziert worden. 2002 und 2003 seien der damalige Vorsitzende Heinrich Hemme und der heutige Zuchtwart der Landesgruppe Mittel- und Oberfranken, Rainer Falk, über die konkreten Untersuchungsergebnisse informiert worden. Die entsprechende Korrespondenz liegt Hund & Jagd ebenfalls vor. Noch im Januar 2016 aber hatte Rainer Falk im Mitteilungsblatt des VDW mitgeteilt, "zu keinem Zeitpunkt wurden Befunde übermittelt". Eine glatte Lüge.

Doch es kommt noch schlimmer. Laut Rüdiger wurden mindestens fünf Hunde trotz Kenntnis derartiger Befunde weiterhin in der Zucht eingesetzt. Einer züchterischen Katastrophe kommt dabei gleich, dass der damalige Vereinsvorsitzende Heinrich Hemme seinen Rüden Anton vom Achterbach intensiv zur Zucht einsetzte. Dieser Rüde hatte in den Zuchtjahren 2003 bis 2008 70 Nachkommen. Anton vom Achterbach hat laut Wolfgang Rüdiger selbst beidseitig DC (Distractio cubiti ist eine Form der ED). Zwei seiner Wurfgeschwister waren IOCH positiv (eine vererbbare Verformung des Ellnbogengelenks). Auch die Mutter des Hemme-Rüden war DC- und IOCH-positiv.

Rüdiger an seine Vorstandskollegen: "Aber auch heute noch werden immer wieder Risikoverpaarungen durchgeführt, obwohl zu beiden Elterntieren eindeutige Informationen zur mehrfachen Vererbung von zuchtausschließenden Fehlern vorliegen."

Auf die Vereinsverantwortlichen seit 2002 könnten erhebliche Schadenersatzforderungen betroffener Hundekäufer zukommen. Auch strafrechtlich ist das Verhalten der Zuchtverantwortlichen nicht unproblematisch.

Doch wie reagiert der Vorstand des Vereins für deutsche Wachtelhunde? Derzeit findet im Vorstand ein Hauen und Stechen mit offenem Ausgang statt. Kürzlich ist Schatzmeister Martin Rohde nicht nur von seinem Amt zurückgetreten. Er hat gleichzeitig zum Jahresende seinen Vereinsaustritt erklärt. Er wirft anderen Vorstandsmitgliedern, darunter auch Zuchtbuchführer und Zuchtleiter Martin Hauser, intrigantes Vorgehen vor.

Selbstverständlich hat Hund & Jagd dem VDW-Vorsitzenden Manfred Hartnagel die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben. Was daraufhin passierte, soll hier im Wortlaut wiedergegeben werden:

Am 14. April fragte Hund & Jagd bei Hartnagel an. Am 15. April schrieb Hartnagel seinen Vorstandskollegen:

Herr Paulsen hat mich angeschrieben wegen einer Berichterstattung zum Deutschen Wachtelhund. Scheinbar liegen ihm umfangreiche Unterlagen vor.

Wenn wir Herrn Paulsen ohne Information arbeiten lassen, wird er ein katastrophales Bild vom Deutschen Wachtelhund zeichnen. Auf der anderen Seite können wir kurz vor der Hauptversammlung keine Statements an Schreiberlinge von irgendwelchen Portalen abgeben, bevor unsere Mitglieder und unsere Gremien darüber informiert sind.

Wie und durch wen Herr Paulsen an diese Unterlagen kommt, gilt es noch zu prüfen, um dann entsprechende Maßnahmen daraus abzuleiten.

Mein Vorschlag wäre, Herrn Paulsen mitzuteilen, dass wir ihn gerne nach der Hauptversammlung zu einem Gespräch einladen werden."

In einem Telefongespräch, zu dem es dann doch am 18. April kam, unterbreitete Hartnagel den Vorschlag, sich nach der Hauptversammlung zu treffen oder einen Fragenkatalog einzureichen. Ihm sei sehr an Transparenz gelegen.

Als Hund & Jagd ihn mit seiner Email an die Vorstandskollegen konfrontierte, nahm er zu Teilbereichen doch noch Stellung. Nach der Wahl des Vorstands 2008 habe man sich intensiv um ED und Epilepsie in der Rasse gekümmert. Hier gebe es heute auch keine Probleme mehr. Zudem habe man eine mittlerweile abgeschlossene Gesundheitsumfrage gestartet: "Wir wollten wissen, wie viele Hunde gesund sind."

Kommentar

Wie zerstöre ich ich eine Rasse zielstrebig? Nun, wer das nach den Vorgängen im Deutsch-Kurzhaar-Verband im Zusammenhang mit Epilepsie-Zucht noch nicht verstanden hat, der erhält jetzt ein noch anschaulicheres Bild aus dem Verein für Deutsche Wachtelhunde. Betrogen fühlen müssen sich die Hundekäufer, deren Vierläufer plötzlich und unerklärlich an Skeletterkrankungen leiden. Leidtragende sind natürlich die Hunde selbst. Es ist sehr wahrscheinlich, dass viele Züchter gar nicht wussten, für welche problematischen Verpaarungen sie sich entschieden hatten. Wie auch, wenn der Vorstand des Vereins wichtige Untersuchungsergebnisse zurückhält?

Spannend wird die Antwort auf die Frage, wie die Mitglieder des VDW auf diese Informationen reagieren. Auf die Vorstände, vor allem aber auf die Zuchtwarte bis in das Jahr 2003 zurück, werden wohl erhebliche Schadenersatzklagen zukommen. Ich halte auch Strafanzeigen für möglich. Immerhin wurde hier über einen langen Zeitraum wohlwissend Qualzucht betrieben.

Für das Jagdgebrauchshundwesen insgesamt sind solche Vorgänge katastrophal. Wie soll denn künftig glaubwürdig nach außen argumentiert werden, dass wir Anlagenprüfungen für die Zuchtauslese benötigen, wenn die Zuchtverantwortlichen in den Vereinen die Gesundheit der Hunde hintanstellen?

Tobias Paulsen

Tags: Deutsch Wachtel

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